BFH: schenkweise Übertragung von Geschäftsanteilen auf leitende Mitarbeiter zur Unternehmensnachfolge kein Arbeitslohn

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28. Januar 2025

Die Nachfolgeregelung kann besonders für mittelständische Familienunternehmen zum Problem werden. Der BFH hat mit Urteil vom 20.11.2024 (VI R 21/22) entschieden, dass die schenkweise Übertragung von Geschäftsanteilen auf leitende Mitarbeiter zur Sicherung der Unternehmensnachfolge nicht ohne Weiteres als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen ist. Mit dieser Entscheidung hat der BFH steuerrechtliche Leitlinien zur Unternehmensnachfolge bestätigt und weiterentwickelt, die in ihrer Bedeutung weit über den entschiedenen Einzelfall hinausreichen.

Sachverhalt

Um die Fortführung ihres Unternehmens nach ihrem altersbedingten Ausscheiden zu sichern, übertrugen die beiden miteinander verheirateten Gesellschafter einer GmbH ihre Geschäftsanteile zu 74,61 % auf ihren Sohn und zu insgesamt 25,39 % (Sperrminorität) auf fünf leitende Angestellte der GmbH. Die beiden Altgesellschafter sahen die Führung und Leitung des Unternehmens allein durch ihren Sohn wegen dessen anderweitiger beruflicher Einbindung und fehlender unternehmerischer Erfahrung nicht gewährleistet. Sie beteiligten deshalb die bisher in der Geschäftsleitung tätigen Mitarbeiter an der Gesellschaft, weil sie sich von deren stärkerer persönlicher Einbindung die erfolgreiche Fortführung des Unternehmens erhofften. Die Übertragung der Geschäftsanteile an die Mitarbeiter war weder an Bedingungen oder Beschränkungen noch an den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse geknüpft. Eine vertragliche Rückfallklausel bestimmte lediglich, dass die Altgesellschafter berechtigt sein sollten, die Rückübertragung der Anteile zu verlangen, falls das Finanzamt die erbschaftssteuerliche Verschonung nicht gewähre oder zum Nachteil der Neugesellschafter ändere.

Das Finanzamt sah in dem unentgeltlichen Erwerb der Geschäftsanteile der fünf Mitarbeiter einen im Hinblick auf die Beschäftigungsverhältnisse gewährten und als Arbeitslohn zu berücksichtigenden geldwerten Vorteil.

Der dagegen gerichteten Klage gab das Finanzgericht (FG) statt.

Entscheidung des BFH

Die Revision des Finanzamts blieb erfolglos. Wie das FG sah auch der BFH in der schenkweisen Übertragung der GmbH-Beteiligungen keinen Arbeitslohn der zu Gesellschaftern gewordenen Angestellten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG neben Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile in Geld oder Geldeswert (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EStG), die für eine Beschäftigung gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG).

Der BFH verwies zunächst auf seine ständige Rechtsprechung, wonach der geldwerte Vorteil im Falle der Übertragung einer Beteiligung an Mitarbeiter nicht in der übertragenen Beteiligung selbst, sondern in der Verbilligung, also im Preisnachlass liege. Arbeitslohn setze des Weiteren voraus, dass der betreffende geldwerte Vorteil für eine Beschäftigung gewährt werde, also durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sei. Das sei zu bejahen, wenn der Vorteil dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließe und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstelle. Allerdings könne Arbeitslohn auch in der Zuwendung eines Dritten - wie hier durch die Altgesellschafter - bestehen, wenn diese Zuwendung ein Entgelt "für" eine Leistung bilde, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Dagegen liege kein Arbeitslohn vor, wenn eine Zuwendung wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt werde.

Im entschiedenen Fall sah der BFH zwar einen Zusammenhang zwischen der Anteilsübertragung und dem Arbeitsverhältnis. Er verneinte aber eine (maßgebliche) Veranlassung der Anteilsübertragung durch das Arbeitsverhältnis. Entscheidendes Motiv für die Übertragung sei, wie im Protokoll der Gesellschafterversammlung der Altgesellschafter festgehalten, die Regelung der Unternehmensnachfolge gewesen.

Dieses Motiv komme auch durch die vertragliche Vereinbarung einer erbschaftssteuerlichen Rückfallklausel, die den Neugesellschaftern mit zusammen 25,39 % der Anteile eingeräumte Sperrminorität, die nicht erfolgte Verknüpfung der Anteilsübertragungen mit dem Fortbestand der Arbeitsverhältnisse sowie den Umstand, dass der den Mitarbeitern mit den Anteilen eingeräumte Vorteil gegenüber ihren Bruttoarbeitslöhnen deutlich aus dem Rahmen falle, deutlich zum Ausdruck. Bei einer anderen Wertung der Anteilsübertragung wäre auch nicht nachvollziehbar, warum die Altgesellschafter ihre leitenden Angestellten trotz sehr unterschiedlicher Beschäftigungsdauer und unterschiedlicher Gehälter mit den Beteiligungen einheitlich "entlohnen" sollten.

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Steuerrecht

Autor

© DREYENBERG
Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB,
Städelstraße 10, 60596 Frankfurt am Main

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