Das Finanzgericht Hamburg hat zur Auslegung des Begriffs „Veranlassung“ im Sinne von § 8 Abs. 2 S. 2 EnergieStG Stellung genommen. Es entschied, dass ein zugelassener Einlagerer auch dann als Steuerschuldner haftet, wenn Energieerzeugnisse nicht durch ihn selbst, sondern durch Dritte betrügerisch aus dem Steuerlager entfernt werden. Die Entscheidung erhöht das steuerliche Risiko, wenn Energieerzeugnisse über fremdbetriebene Steuerlager vertrieben werden und hat damit erhebliche praktische Relevanz.
Die A GmbH (A) betrieb ein Steuerlager, in dem sie für sich selbst und für Drittunternehmer Dieselkraftstoff lagerte. Eines dieser Drittunternehmen war die Klägerin, die zugelassene Einlagerin iSd. § 7 Abs. 4 EnergieStG war.
Im Jahr 2018 verkaufte die Klägerin Gasöl an das Unternehmen C und meldete das Öl zum Heizölsteuersatz zur Versteuerung an. Für die Abholung waren der Inhaber der C, dessen Beschäftigter E und der Leiter des Tanklagers A zuständig. Diese manipulierten ohne Wissen der Klägerin bei der Entnahme die Gasöl-Kennzeichnungsanlage und entnahmen ungekennzeichnetes Gasöl. C verkaufte diese im Anschluss als Dieselkraftstoff weiter.
Das Hauptzollamt (HZA) setzte daraufhin gegenüber der Klägerin Energiesteuer in Höhe der Differenz zwischen dem Steuersatz für Dieselkraftstoff und dem Steuersatz für Heizöl fest. Gegen diesen Steuerbescheid wandte sich die Klägerin.
Das FG Hamburg hielt den Steuerbescheid des HZA für rechtmäßig und wies die Klage als unbegründet zurück.
Im Zentrum des Urteils steht die Frage, ob die Klägerin die Entfernung des Gasöls aus dem Steuerlager im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2 EnergieStG „veranlasst“ hatte. Die Norm bestimmt, dass ein zugelassener Einlagerer Steuerschuldner ist, wenn Energieerzeugnisse auf seine Veranlassung hin entfernt werden.
Das Gericht legte den Begriff „Veranlassung“ nach allgemeinem Sprachverständnis aus: Eine Veranlassung liegt vor, wenn jemand den Grund für eine Handlung setzt, etwa durch eine Anweisung oder Beauftragung. Entscheidend sei dabei nicht, ob der Einlagerer physisch an der Entnahme beteiligt war oder von deren genauen Umständen Kenntnis hatte.
Zweck der Regelung sei es, dem Einlagerer eine eigenverantwortliche Verfügung über die Energieerzeugnisse zu ermöglichen. Beauftrage er Dritte mit der Entnahme, so handelten diese als seine Erfüllungsgehilfen. Eine Zurechnung ihres Handelns sei daher gerechtfertigt. Auch Mitarbeiter des Steuerlagerinhabers könnten nach Ansicht des Gerichts als Erfüllungsgehilfen des Einlagerers eingestuft werden.
Nach diesen Maßgaben seien die Erzeugnisse im konkreten Fall auf Veranlassung der Klägerin entnommen worden.
Die Klägerin habe Erzeugnisse im Steuerlager eingelagert und sich durch den Verkauf an C zur Übereignung verpflichtet. Sie habe anschließend als mittelbare Besitzerin der unmittelbaren Besitzerin A Aufträge erteilt, die Kaufgegenstände an die Käufer zu übergeben. Als juristische Person habe sie nur durch Erfüllungsgehilfen die entsprechenden Aufträge zur dinglichen Umsetzung erteilen können.
Die an der Entnahme beteiligten Personen – der Inhaber der C, dessen Mitarbeiter E und der Lagerleiter der A GmbH – seien daher auf Weisung der Klägerin tätig geworden. Die spätere Manipulation der Kennzeichnungsanlage und der Verkauf als Dieselkraftstoff durch C änderten daran nichts. Maßgeblich sei allein, dass die Klägerin die Entnahme als solche veranlasst habe.
Das Urteil des FG Hamburg verdeutlicht die weite Auslegung des Begriffs „Veranlassung“ im Energiesteuerrecht. Auch wenn der Einlagerer keine Kenntnis von einer rechtswidrigen oder betrügerischen Entnahme hat, kann ihm diese steuerlich zugerechnet werden, wenn er sie initiiert hat.
Für Einlagerer bedeutet dies ein erhöhtes Haftungsrisiko, wenn sie nicht selbst Betreiber des Steuerlagers sind. Im Gegensatz zum Steuerlagerinhaber fehlt ihnen regelmäßig die unmittelbare Sachherrschaft und die Möglichkeit, das Lagerpersonal zu kontrollieren oder auszuwählen.
Betroffene Unternehmen sollten diesen Umstand bei der vertraglichen Vereinbarung mit dem Steuerlagerinhaber berücksichtigen und gegebenenfalls entsprechende Schadensersatzklauseln aufnehmen.
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