Aufgrund des Ukrainekriegs wurden bereits zahlreiche Sanktionen der EU gegen Russland, diverse juristische sowie natürliche Personen verhängt. Viele Unternehmen haben ihr Russlandgeschäft aufgegeben.
Recht unbeachtet trat am 07.10.2022 eine neue Verordnung (EU 2022/1904) in Kraft, wonach die Sanktionen erweitert wurden auf Dienstleistungen in den Bereichen Architektur, Ingenieurwesen, IT-Beratung, PR- und Unternehmensberatung sowie Rechtsberatung.
In den genannten Bereichen sind Dienstleistungen untersagt, die gegenüber der Regierung Russlands und für in Russland niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen erbracht werden. Unzulässig ist jede unmittelbare sowie mittelbare Dienstleistung.
Die Verordnung hält nur wenige Ausnahmen bereit. Nicht sämtliche Dienstleistung muss eingestellt werden. Ausgenommen sind Organisationen in Russland, die sich im Eigentum oder unter der alleinigen oder gemeinsamen Kontrolle einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats, eines dem Europäischen Wirtschaftsraum angehörenden Landes, der Schweiz oder eines in Anhang VIII aufgeführten Partnerlandes gegründeten oder eingetragenen juristischen Person, Organisation oder Einrichtung befinden. Damit soll die Arbeit von NGOs in Russland weiterhin ermöglicht werden.
Bei Rechtsdienstleistungen kann man zusammenfassen, dass Vertretung in streitigen Verfahren und Strafverteidigung grundsätzlich zulässig sind. Sämtliche andere Tätigkeiten – auch Buchhaltung, Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung – sind unzulässig. Dies könnte zu diversen Abgrenzungsschwierigkeiten führen.
Die wohl relevanteste Ausnahme gilt für natürliche Personen. Solche können weiterhin beraten werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Personen bereits von Sanktionen betroffen sind.
Keine Änderung bringt die Erweiterung hinsichtlich der Dual-Use-VO mit sich. Nach dieser es bereits (schon seit Jahren) verboten bzw. nur nach vorheriger Genehmigung zulässig, Leistungen wie z.B. Software und technische Daten ins Ausland zu "liefern".
Werden Dienstleistungen entgegen des Verbots erbracht, sind in der Regel die Verträge nichtig (134 BGB). Das gezahlte Honorar können die (russischen) Mandanten zurückfordern. Wenn die Unternehmen Insolvenz anmelden, wird der Insolvenzverwalter die Rückzahlung fordern. Folglich besteht für Dienstleister im IT-Bereich, Architekten, PR-Berater, Unternehmensberater und Rechtsanwaltskanzleien ein großes wirtschaftliches Risiko.
Gravierender sind die möglichen strafrechtlichen Folgen. Verstöße gegen die Verordnung stellen über die Strafnorm § 18 Außenwirtschaftsgesetz (AWG) eine Straftat dar, die bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe zur Folge haben kann. Unserer Erfahrung nach werden Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz im Vergleich zu anderen Wirtschaftsstraftaten von den Staatsanwaltschaften und dem Zoll härter verfolgt sowie sanktioniert. Für die genannten Berufsgruppen kann ein Strafverfahren auch die Aberkennung der gewerberechtlichen bzw. nach der Berufsordnung erforderlichen „Zuverlässigkeit“ zur Folge haben, sodass die berufliche Existenz auf dem Spiel stehen könnte.
Besonders risikobehaftet dürfte die Verwendung des Begriffs „mittelbar“ sein. Nicht nur unmittelbare Erbringung von Dienstleistungen, sondern auch die mittelbare Erbringung ist unzulässig. Damit werden die Unternehmensberater darauf achten müssen, nicht mittelbar russische Unternehmen zu beraten. Die EU will so Umgehungsmöglichkeiten verhindern. Strafrechtlich wird bei mittelbaren Beratungen der Nachweis des Vorsatzes für die Staatsanwaltschaften schwieriger werden, aber trotzdem möglich sein – so zum Beispiel, wenn bei der Erstanfrage die Mittelsperson offengelegt hat, Auskünfte für ein russisches Unternehmen einzuholen oder sich dies aus den Gesamtumständen ergibt, denn für die Strafbarkeit nach § 18 AWG reicht Eventualvorsatz aus (vereinfacht ausgedrückt: Man hält einen Verstoß für ernstlich möglich, findet sich damit ab bzw. billigt diesen).
Betroffenen ist zu raten, im Fall von bestehenden Verträgen unverzüglich überprüfen zu lassen, ob noch geschuldete Leistungen erbracht werden dürfen. In der Regel dürfte es empfehlenswert sein, bis zum Abschluss der Prüfung auf die Erbringung weiterer Leistungen zu verzichten. Das neue Verbot dürfte in der Regel einen „wichtigen Grund“ für die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen darstellen. Ferner wird das Verbot in aller Regel (auch) eine rechtliche Unmöglichkeit nach § 275 BGB darstellen, sodass die geschuldete Leistung nicht erbracht werden muss. Der Anspruch auf Vergütung entfällt jedoch gleichermaßen, vorausgesetzt, deutsches Recht ist anwendbar.
DREYENBERG hat Erfahrung bei der Beratung zum Außenwirtschaft und berät Unternehmen, wie sie das Außenwirtschaftsgesetz einhalten und wo Fallstricke bestehen. Ferner unterstützt DREYENBERG bei der Erstellung und Implementierung von Compliancesystemen. Die Strafverteidigung gehört ebenfalls zum Tätigkeitsgebiet der Rechtsanwälte von DREYENBERG. Sprechen Sie uns gerne an.
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