VG Hamburg setzt klare Maßstäbe: Pflicht zur systematischen Arbeitszeiterfassung für Arbeitgeber

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21. Oktober 2024

Das Verwaltungsgericht (VG) Hamburg hat am 21.08.2024 ein wichtiges Urteil gefällt, das Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten systematisch zu erfassen. Bereits am 13.09.2022 hatte das Bundesarbeitsgericht arbeitsrechtlich auch Vergleichbares entschieden. 

Der jetzige Fall betraf ein großes Outdoor-Handelsunternehmen, das gegen arbeitsschutzrechtliche behördliche Anordnungen vorging, die sich auf die Erfassung von Arbeitszeiten bezogen.

Hintergrund: Arbeitszeiterfassung und gesetzliche Vorgaben

Der Europäische Gerichtshof hatte ebenfalls entschieden, dass Arbeitgeber in der EU verpflichtet sind, ein verlässliches System zur Erfassung der Arbeitszeiten zu schaffen. Die Regelung soll die Arbeitszeitvorgaben besser überwachen und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gewährleisten.

Obwohl der deutsche Gesetzgeber diese Anforderung bisher nicht explizit in nationales Recht übertragen hat, hat das VG Hamburg klargestellt, dass die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung bereits besteht.

Entscheidend ist hier § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), der in der unionsrechtskonformen Auslegung bindend ist.

Der Fall: Mängel bei der Zeiterfassung in einem Hamburger Unternehmen

Das Urteil bezog sich auf ein Hamburger Outdoor-Handelsunternehmen, das keine umfassende Zeiterfassung für alle Mitarbeiter durchführte. Nach einer anonymen Beschwerde stellte die Behörde fest, dass ein Drittel der Beschäftigten keine Arbeitszeiten erfasste und insbesondere Führungskräfte die Vertrauensarbeitszeit nutzten.

Die Behörde erließ daraufhin Anordnungen, um sicherzustellen, dass zukünftig alle Arbeitszeiten korrekt dokumentiert werden. Das Unternehmen legte dagegen Widerspruch ein, argumentierte jedoch erfolglos, es bestehe keine gesetzliche Grundlage für eine solche Anordnung.

Urteil des VG Hamburg: Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

Das VG Hamburg entschied, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit ihrer Beschäftigten zu erfassen. Diese Pflicht leitet sich aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG ab, der unionsrechtskonform ausgelegt werden muss. Eine zusätzliche gesetzliche Klarstellung durch den deutschen Gesetzgeber sei dafür nicht erforderlich.

Besonders relevant war, dass diese Pflicht auch für Beschäftigte gilt, die Vertrauensarbeitszeit nutzen. Das Gericht stellte fest, dass die Anordnungen der Behörde rechtmäßig und verhältnismäßig waren. Sie dienten dem Zweck, potenzielle Verstöße gegen Arbeitszeitvorgaben zu verhindern.

Bedeutung des Urteils für die Wirtschaft

Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung gilt für alle Branchen und nicht nur für bestimmte Sektoren. Firmen, die bisher auf Vertrauensarbeitszeit setzen, müssen ihre Arbeitszeiterfassungsprozesse überdenken und an die rechtlichen Vorgaben anpassen.

Auch ohne eine explizite gesetzliche Regelung im deutschen Arbeitszeitgesetz sind Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeiten zu erfassen. Unternehmen sollten nicht warten, bis der Gesetzgeber zusätzliche Klarstellungen vornimmt.

Fazit: Ein klares Signal an Arbeitgeber

Das VG Hamburg stärkt den Schutz der Arbeitnehmer und definiert die Verantwortlichkeit der Arbeitgeber klar. Die Einhaltung der Arbeitszeitvorgaben muss durch ein nachvollziehbares System zur Zeiterfassung gewährleistet werden, selbst für Führungskräfte in Vertrauensarbeitszeit. Unternehmen sind daher angehalten, ihre Prozesse zu überprüfen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

DREYENBERG ist Ihnen gerne bei der rechtskonformen Umsetzung der Pflichten zur Arbeitszeitaufzeichnung behilflich.


Einstieg

Autor

© DREYENBERG
Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB,
Städelstraße 10, 60596 Frankfurt am Main

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