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Bundesfinanzhof zur Rückkehrabsicht bei der sog. Wegzugsbesteuerung

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23. Juni 2023

Gibt eine natürliche unbeschränkt steuerpflichtige Person, die Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Privatvermögen hält, infolge Umzugs ins Ausland ihren Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland auf, kann dies gemäß § 6 Abs. 1 AStG zur sog. Wegzugsbesteuerung führen. Die Voraussetzungen der sog. Wegzugsbesteuerung können Sie hier nachlesen. Diese Steuer entfällt jedoch bei nur vorübergehender Abwesenheit sowie dem Vorliegen weiterer gesetzlicher Voraussetzungen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nunmehr klargestellt, dass eine zum Zeitpunkt des Wegzugs bestehende Rückkehrabsicht für eine lediglich vorübergehende Abwesenheit nicht erforderlich ist.

Wann liegt eine vorübergehende Abwesenheit vor?

Eine vorübergehende Abwesenheit liegt nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige innerhalb des gesetzlich bestimmten Zeitrahmens wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird, also seinen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt wieder im Inland nimmt und darüber hinaus beim Steuerpflichtigen bereits im Zeitpunkt des Wegzugs die Rückkehrabsicht bestand und er dies glaubhaft machen kann (vgl. BMF-Schreiben vom 14.05.2004, IV B 4 – S 1340 – 11/04, Tz. 6.4.1). 

Der BFH hat dieser Auffassung mit Urteil vom 21.12.2022 – I R 55/19 eine Absage erteilt. Die Anforderung der Finanzverwaltung lasse sich aus dem Gesetz nicht ableiten. Dass eine Rückkehrabsicht schon im Augenblick des Wegzugs bestanden haben müsse, gebe der Gesetzeswortlaut nicht her. Der Rückkehrwille könne durchaus auch zu einem späteren Zeitpunkt gebildet worden sein, wenn der Steuerpflichtige innerhalb des gesetzlich bestimmten Zeitrahmens wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird. Entscheidend ist demnach allein, dass der Steuerpflichtige zeitgerecht zurückkehrt.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil bedeutet eine immense Erleichterung für rückkehrwillige Gesellschafter von Kapitalgesellschaften, die beabsichtigen, lediglich vorübergehend ins Ausland zu ziehen. Bislang war die vorübergehende Abwesenheit mit Blick auf die Wegzugsbesteuerung mit einiger Unsicherheit verbunden und hat neben einem großen Dokumentationsaufwand oft auch eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung erfordert. Das dürfte sich mit der Entscheidung des BFH nun geändert haben. Die Entscheidung des BFH geht so weit, dass die bloße Rückkehr innerhalb der gesetzlichen Frist ausreicht. Eine Dokumentation oder gar Glaubhaftmachung der Rückkehrabsicht ist nicht erforderlich. Das ist aus Praxissicht zu begrüßen. Zwar betrifft die Entscheidung das Streitjahr 2014 und damit die Rechtslage unter Geltung des AStG in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie am 01.07.2021 (a.F.). Die Rechtslage seit dem 01.07.2021 (n.F.) dürfte insoweit aber nicht anders zu beurteilen sein. Denn § 6 Abs. 3 Satz 1 AStG n.F. hat das Tatbestandsmerkmal der vorübergehenden Abwesenheit unverändert übernommen. Geändert wurde u.a. der zeitliche Rahmen für den Wiedereintritt der unbeschränkten Steuerpflicht durch Verlängerung von fünf auf sieben Jahre.

Welche Konsequenzen die Finanzverwaltung aus der BFH-Entscheidung zieht, bleibt abzuwarten. Das Urteil ist bislang nicht in den Bundessteuerblättern veröffentlicht. Es ist jedoch nur schwer vorstellbar, dass die Finanzverwaltung diese wegweisende Entscheidung nicht auf alle offenen Fälle anwenden wird. Auch eine Änderung des BMF-Schreibens vom 14.05.2004 ist möglich.

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Autor

© DREYENBERG
Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB,
Städelstraße 10, 60596 Frankfurt am Main

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