Eine Außenprüfung (Betriebsprüfung) dient zur Ermittlung, Überprüfung und Beurteilung der steuerrechtlichen relevanten Verhältnisse beim steuerpflichtigen Unternehmen vor Ort. Stellt der Außenprüfer dabei kleinere Unregelmäßigkeiten fest, führte dies in der Vergangenheit häufig nur dazu, dass etwaige Mehrsteuern durch den Erlass von Änderungsbescheiden erhoben wurden, der Steuerpflichtige aber sonst keine Konsequenzen zu befürchten hatte. Den Außenprüfern kommt aber auch die Aufgabe zu, solche Unregelmäßigkeiten den Strafverfolgungsbehörden (Bußgeld- und Strafsachenstelle – BuStra; Steuerfahndung – SteuFa) zu melden, wenn hierdurch der Verdacht einer Steuerstraftat aufkommt. Nach Ansicht der obersten Finanzbehörden kann sich ein Außenprüfer sogar wegen Strafvereitelung im Amt strafbar machen, wenn er eine solche Meldung unterlässt.
Das Landgericht Stuttgart hat diese strenge Auffassung nun mit Beschluss vom 24.03.2020 (Az.: 61 Ns 142 Js 114222/16) bestätigt. Dem Außenprüfer komme aus Gesetz eine Garantenstellung für die Mitwirkung an der Strafverfolgung von Steuerstraftaten zu. Die Entscheidung ist in der Rechtslehre und Anwaltschaft auf substanzielle Kritik gestoßen. Da es sich um einen Einstellungsbeschluss handelt, der nicht anfechtbar ist, sind höchstrichterliche Entscheidungen zu der Frage in naher Zukunft jedoch nicht zu erwarten.
Aufgrund dieser Entscheidung ist mit einem Anstieg der Mitteilungen der Außenprüfer an die Strafverfolgungsstellen zu rechnen. Dies wiederum dürfte zu einer gesteigerten Anzahl steuerstrafrechtlicher Ermittlungsverfahren führen. Zwar begründet nicht jede Unregelmäßigkeit den Verdacht einer Steuerstraftat und damit eine Mitteilungspflicht des Außenprüfers. Da die Abgrenzung für den Außenprüfer aber nicht immer eindeutig ist, wird er im Zweifel lieber Meldung machen, um sich nicht dem Vorwurf des strafbaren Verhaltens auszusetzen. Bei den betroffenen Betrieben werden die vermehrten Mitteilungen im Mindesten zu erhöhten Kosten und Verzögerungen führen. Und auch wenn die Meldung letztlich nicht zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens führt, bleibt trotzdem die Verhängung eines (Unternehmens-)Bußgelds möglich.
Vor einer Betriebsprüfung sollten sich die Unternehmen auf eine solche gut vorbereiten und Risiken identifizieren. In geeigneten Fällen könnten Nacherklärungen/Selbstanzeigen zur Straffreiheit führen, wenn Fehler auftauchen. Sollte sich eine Betriebsprüfung angekündigt haben, kann für nicht prüfungsrelevante Zeiträume, in der Regel solange die Prüfung noch nicht begonnen hat, noch eine strafbefreiende Selbstanzeige erstattet werden. Ferner ist zu beachten, dass die bußgeldfreie Selbstanzeige im Gegensatz zur strafbefreienden Selbstanzeige sogar noch während der Außenprüfung möglich ist. Ganz generell sollten Unternehmen auf Betriebsprüfungen und Hausdurchsuchungen vorbereitet sein, indem Mitarbeiter entsprechend geschult werden. In der Praxis kommt es häufig vor, dass ungeschulte Mitarbeiter während einer Betriebsprüfung etwas sagen, was nicht zutreffend ist, aber Anlass für weitere und eingriffsintensivere Ermittlungsmöglichkeiten bietet. Spätestens wenn der Betriebsprüfer während der laufenden Prüfung für eine längere Zeit vermeintlich „im Urlaub“ oder „erkrankt“ ist, sollte Rat beim Experten gesucht werden. Oftmals sind die Betriebsprüfer gar nicht wirklich verhindert, sondern stimmen sich in dieser Zeit mit der Straf- und Bußgeldsachenstelle ab.
Das Rechtssicherste ist es, wenn bereits vor einer Betriebsprüfung Risiken erkannt und diese beseitigt werden. Insoweit bieten sich simulierte Betriebsprüfungen an. Spätestens aber, wenn die Betriebsprüfung Nachforderungen aufdeckt, sollte ein Fachanwalt für Steuerrecht hinzugezogen werden, weil bei Nachforderungen zunehmend der Vorwurf der Steuerhinterziehung gemacht wird. In der Praxis kommt es vor, dass Betriebsprüfungen fortgeführt werden, obwohl diese unterbrochen werden und die Verantwortlichen über ihre strafrechtlichen Rechte belehrt werden müssten. Die Betriebsprüfungen werden somit unzulässigerweise genutzt, um Erkenntnisse für das folgende Strafverfahren zu gewinnen. Dagegen ist frühzeitig entschieden vorzugehen. Negative Schlüsse aus einem zulässigen Verteidigungsverhalten dürfen dabei nicht gezogen werden.
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