In den Medien wird derzeit viel über eine mögliche Korruption des Finanzministers Christian Lindner (FDP) berichtet, da er für eine Bank, über die er sein Haus finanziert haben soll, ein Video zum 100-jährigen Bestehen der Bank aufnahm und dafür möglicherweise eine Zahlung erhielt. Ferner ist den Berichten zu entnehmen, dass die zuständige Staatsanwaltschaft prüft, ob ein Anfangsverdacht vorliegt. Gibt es eine Vorprüfung des Anfangsverdacht und welche Delikte kommen in Betracht?
Den Straftatbestand der Korruption gibt es in Deutschland nicht. Vielmehr handelt es sich um einen Oberbegriff für diverse Delikte, bei denen – vereinfacht ausgedrückt – eine Vertrauensstellung vornehmlich in einem Dienstverhältnis missbraucht wird. Bei Herrn Christian Lindner kommen als Bundesminister Vorteilsannahme und Bestechlichkeit infrage.
Für eine Strafbarkeit nach § 331 StGB müsste ein für den Dienst Verpflichteter einen Vorteil für die Dienstausübung fordern, sich versprechen lassen oder annehmen.
Sollte eine konkrete Zahlung geflossen sein, wäre diese Geldzahlung ein Vorteil, den Herr Christian Linder angenommen hätte. Als Bundesminister ist er auch ein für den Dienst Verpflichteter im Sinne des § 331 StGB, § 11 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StGB. Allerdings ist fraglich, ob das Video in seiner Eigenschaft als Bundesminister aufgenommen wurde. Nicht sämtliche Tätigkeiten eines Bundesministers sind als „dienstlich“ zu qualifizieren. Diensthandlungen sind solche Handlungen, die zu den dienstlichen Obliegenheiten des Amtsträgers gehören und die von ihm in dienstlicher Eigenschaft vorgenommen werden. Eine Handlung wird aber nicht dadurch zur Dienstausübung, weil der Amtsträger dienstlich mit ihr hätte betraut werden können. Somit stellt sich die Frage, ob das Video dienstlich war oder nicht. Dies kommt auf den Gesamtkontext an, wobei alleine die Angabe, dass es sich bei Herrn Lindner um den Bundesminister handelt, nicht ausreicht, um seine Handlung „dienstlich“ zu machen, denn unseres Erachtens ist die Angabe seines Amtes nicht ausreichend, um eine Privathandlung umzuqualifizieren. Vielmehr kommt es darauf an, ob das Video in den Diensträumen aufgenommen wurde, dienstliche Mittel (Videokamera, Computer) dafür eingesetzt wurden sowie eventuell sogar weitere dienstliche Mitarbeiter an dem Video arbeiteten (z.B. für den Schnitt). Sollte dies nicht der Fall sein, dürfte das Video keine Dienstausübung darstellen und damit eine Strafbarkeit ausscheiden.
Die auch infrage kommende Bestechlichkeit nach § 332 StGB unterscheidet sich von der Vorteilsannahme nach § 331 StGB dadurch, dass bei der Bestechlichkeit eine konkrete Diensthandlung des Amtsträgers erfolgte bzw. erfolgen soll und diese pflichtwidrig wäre. Wenn das Video nicht als dienstlich qualifiziert wird, scheidet die Bestechlichkeit ebenfalls aus.
Gerade bei Ermittlungen gegen Politiker liest man immer wieder, dass die zuständigen Staatsanwaltschaften ein „Vor-Ermittlungsverfahren“ oder eine „Vorprüfung“ einleiten oder prüfen, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden muss. Ähnliches wird auch über das Ermittlungsverfahren gegen Herrn Christian Lindner berichtet. Ein solches Vorverfahren sieht die Strafprozessordnung allerdings nicht vor. Besteht ein Anfangsverdacht (§ 152 Abs. 2 StPO), muss die Staatsanwaltschaft ermitteln. Die Voraussetzungen für einen Anfangsverdacht sind gering: Es müssen lediglich zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, die sich auf Tatsachen stützen, vorliegen, die dafür sprechen, dass gerade der zu untersuchende Lebenssachverhalt eine Straftat enthält. Die Bezeichnung als Vorverfahren kann bestenfalls als Entgegenkommen der Staatsanwaltschaft in Bezug auf Medienvertreter bezeichnet werden, da sich „Vorverfahren“ weniger schlimm anhört als „Ermittlungsverfahren“.
Herr Lindner genießt als Bundestagsabgeordneter Immunität. Den Medienberichten zufolge prüft die Staatsanwaltschaft derzeit, ob sie einen Antrag stellt, seine Immunität aufheben zu lassen. Dies ist jedoch nicht erforderlich, denn der Bundestag hat eine generelle Aufhebung der Immunität beschlossen, wobei dies auf die Einleitung von Ermittlungsmaßnahmen beschränkt ist. Herauszustellen ist angesichts des Umgangs mit Beschuldigten in den Medien, dass ein Ermittlungsverfahren und die Aufhebung der Immunität keine Aussage darüber darstellen, ob Beweismittel für eine Straftat vorliegen. Vielmehr gilt bis zu einem gerichtlichen Urteil die Unschuldsvermutung. Dies ist auch gut so, denn nicht selten enden Anklagen mit einem Freispruch.
Ob nun weitere Ermittlungsmaßnahmen, wie z.B. eine Durchsuchung, überhaupt erfolgsversprechend sind, da sämtliche Beteiligten vorgewarnt sind, darf bezweifelt werden.
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