Vorlagebeschluss des BFH zur Steuerpflicht von Tabak-Scraps

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13. Juli 2025

Der Bundesfinanzhof hat dem Europäischen Gerichtshof grundlegende Fragen zur Auslegung der Tabaksteuerrichtlinie vorgelegt. Gegenstand des Verfahrens ist die steuerrechtliche Einordnung von sogenannten „Scraps“, einem Nebenprodukt der Tabakverarbeitung. Die Entscheidung des EuGH wird voraussichtlich weitreichende Auswirkungen auf die Besteuerung von Tabakerzeugnissen im Binnenmarkt haben.

Hintergrund

Die Firma B, die in einem Mitgliedstaat der EU ansässig ist, mischt unverarbeitete Tabakblätter, entrippt diese und verpackt sie in Pakete verschiedener Größen. Im Rahmen ihrer Tätigkeit lieferte sie unter anderem sieben Kartons mit je 175 kg, insgesamt also 1.225 kg, an die in Deutschland ansässige C-GmbH aus. Die Ware, die B an die C schickte, war für die D, ein ebenfalls in Deutschland ansässiges Unternehmen, bestimmt.

Bei dem gelieferten Material handelte es sich um sogenannte „Scraps“ – ein Nebenprodukt der Tabakerzeugung, das beim Dreschen der Tabakblätter entsteht.

Das Zollfahndungsamt (ZFA) stellte die Scraps, die sich in einem vom Kläger, dem Prokuristen der C, gefahrenen Transporter befanden, sicher und leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Steuerhinterziehung ein. Das Hauptzollamt (HZA) untersuchte die Scraps und setzte gegenüber dem Kläger und der C als Gesamtschuldner 26.950 € Tabaksteuer fest.

Hiergegen wandte sich der Kläger. Das Finanzgericht Düsseldorf gab ihm Recht und entschied, dass die Tabak-Scraps nicht der Tabaksteuer unterlägen. Das HZA legte daraufhin Revision ein. Der Bundesfinanzhof setzte die Entscheidung aus und legte die Frage dem EuGH vor.

Urteil des Finanzgerichts

Das Finanzgericht Düsseldorf kam zu dem Ergebnis, dass die gelieferten Scraps nicht unter die Tabaksteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 Tabaksteuergesetz (TabStG) fallen. Danach ist Rauchtabak nur dann steuerpflichtig, wenn er sich unmittelbar oder nach einer nicht-industriellen Bearbeitung zum Rauchen eignet.

Das Gericht kam auf Basis eines Sachverständigengutachtens zu dem Schluss, dass dies bei den Scraps nicht der Fall sei. Die Scraps seien aufgrund des hohen Feuchtigkeitsgehalts nicht ohne Weiteres rauchbar. Auch die Herstellung von Wasserpfeifentabak aus diesen Scraps sei aufwendig und erfordere mehrere Schritte – darunter das Zerkleinern, das Hinzufügen von Glycerin, Molasse und Aromastoffen sowie das anschließende Aufkochen. Solche Verfahren seien nicht mehr als „nicht-industrielle Bearbeitung“ anzusehen.

Entscheidung des BFH zur EuGH-Vorlage

Gegen die Entscheidung legte das Hauptzollamt Revision ein. Der BFH stellte fest, dass es für die Lösung des Falls auf die Vorschriften der Tabaksteuerrichtlinie ankomme. Bei deren Auslegung bestünden jedoch Zweifel, weshalb der BFH das Revisionsverfahren aussetzte und dem Europäischen Gerichtshof zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorlegte.

Zum einen wollte der BFH wissen, ob der Begriff „Tabak, der sich (…) zum Rauchen eignet“ dahin auszulegen sei, dass eine Eignung nur dann vorliege, wenn die betreffende Ware nach der allgemeinen Verkehrsauffassung tatsächlich geraucht werde.

Zum anderen stelle sich die Frage, ob der Begriff „ohne weitere industrielle Bearbeitung“ so zu verstehen sei, dass auch aufwendigere Verarbeitungsschritte erfasst würden, sofern sie von einem Endverbraucher zu Hause durchgeführt werden könnten.

Argumentation des BFH

In seinem Vorlagebeschluss diskutiert der BFH ausführlich, ob die „Eignung zum Rauchen“ objektiv feststellbar sein müsse oder ob es auf die subjektive Verbrauchererwartung ankomme. Dabei neigt das Gericht der Auffassung zu, dass die Raucheignung sich nur aus den objektiv feststellbaren Merkmalen ergeben könne, weil nur so eine einheitliche Steueranwendung im Binnenmarkt gewährleistet werden könne. Die Gepflogenheiten innerhalb des Verbrauchssteuergebiets könnten sich unterscheiden, und wenn auch subjektive Erwartungen die Raucheignung beeinflussen würden, würde dies zu einer uneinheitlichen Besteuerung innerhalb der EU führen.

Hinsichtlich der Frage der Weiterverarbeitung geht das Gericht davon aus, dass auch mehrstufige Verfahren, sofern sie mit Haushaltsmitteln durchführbar seien, nicht zwingend als „industriell“ einzustufen seien. Für den streitgegenständlichen Tabak sei nach Ansicht des Senats keine industrielle Verarbeitung erforderlich, um eine Raucheignung herzustellen. Die Verfügbarkeit entsprechender Anleitungen im Internet spreche dafür, dass eine private Aufbereitung – wenn auch aufwendig – grundsätzlich möglich sei.

Fazit

Mit dem Vorlagebeschluss rückt der BFH technische und objektive Kriterien bei der Auslegung des Tabaksteuerrechts in den Vordergrund. Die Begriffe „zum Rauchen geeignet“ und „ohne weitere industrielle Bearbeitung“ sollen nicht nach Konsumgewohnheiten, sondern nach sachlichen Maßstäben beurteilt werden.

Die endgültige Klärung bleibt jedoch dem EuGH vorbehalten. Dessen Entscheidung wird erheblichen Einfluss auf die künftige Besteuerung von Nebenprodukten der Tabakverarbeitung haben. Bis dahin ist Unternehmen zu empfehlen, betroffene Produkte besonders sorgfältig zu dokumentieren, ihre Verarbeitungsschritte transparent zu machen und sich frühzeitig mit den Zollbehörden abzustimmen.


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© DREYENBERG
Rechtsanwälte Steuerberater PartG mbB,
Städelstraße 10, 60596 Frankfurt am Main

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