Aufgrund des anhaltend niedrigen Zinsniveaus wird seit Längerem unter Juristen und auch vor Gerichten gestritten, ob die Höhe der Nachzahlungs- und Hinterziehungszinsen in Steuerstrafverfahren verfassungswidrig ist. Hintergrund des Streits ist die gesetzlich festgeschriebene Zinshöhe von 6 Prozent pro Jahr.
Das BVerfG hat am 08.07.2021 die Höhe des Nachzahlungszinssatzes für die Jahre ab 2019 mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt (1 BvR 2237/14; 1 BvR 2422/17). Ausdrücklich offengelassen hat es die Frage, ob diese Entscheidungen auch auf Hinterziehungszinsen zu übertragen sind.
Angesichts der finanzwirtschaftlichen Bedeutung der Hinterziehungszinsen verwundert es nicht, dass die Finanzämter die Entscheidungen bislang dahingehend deuten, dass Hinterziehungszinsen verfassungsgemäß sind und sich die Entscheidungen nur auf Nachzahlungszinsen beziehen.
In Ergänzung seines Schreibens vom 17.09.2021 (BStBl. I 21, 1759) stellt das Bundesfinanzministerium (BMF) in einem neuen Schreiben vom 03.12.2021 (IV A 3 – S 0338/19/10004 :005, DOK 2021/1219219) klar, dass Hinterziehungszinsen für Veranlagungszeiträume ab 2019 vorläufig festzusetzen sind.
Dies bedeutet, dass die Bescheide insoweit nicht bestandskräftig werden und die Finanzämter gerichtliche Verfahren abwarten möchten. Je nach Ausgang der Verfahren werden die Vorbehalte dann aufgehoben oder die Zinsbescheide geändert. Allerdings ändert es nichts daran, dass die Zinsen zunächst von den Steuerpflichtigen zu zahlen sind.
Betroffene sollten darauf achten, ob ihr Zinsbescheid den Vorläufigkeitsvermerk enthält. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass dies nicht immer der Fall ist. Gegebenenfalls ist dann Einspruch gegen den Zinsbescheid einzulegen. Um eine zwischenzeitliche Zahlung der Zinsen zu vermeiden, ist die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung des Zinsbescheids zu prüfen.
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